… braven, angepassten, fleissigen, perfekten… Das hat Jesus jedenfalls nicht gesagt und auch nicht gemeint. Das meinen vielleicht manche Oberlehrer unserer Eliteschulen, wenn sie von der schönen neuen Welt träumen. Das Sonntagsevangelium spricht eine andere Sprache. Wie in einem Fokus erscheint in der Mitte des Matthäusevangeliums die Bergpredigt als Zusammenfassung der Botschaft Jesu. Von ihm selber ausgesprochen, harte Worte, und schwer zu verstehen. Selig die Trauernden (nicht: die traurigen…) oder selig, die um seinetwillen verfolgt, beschimpft und verleumdet werden. Auf alle mögliche Weise. Schwere Kost. Schon das Wort ‚selig’ bereitet Mühe. Wer unter 60 will denn selig werden? Es gibt unzählige Literatur über die Bergpredigt, das meiste genauso schwere Kost. Die Kirche macht’s uns da ganz einfach: Sie spricht Menschen selig. Ganz aktuell: Am 1.Mai 2011 Papst Johannes Paul II. Heute hat Papst Benedikt XVI den Weg dazu freigemacht. Selige/Heilige sind Menschen, die das Programm der Bergpredigt ins Leben umsetzen. Sie haben Fehler, Ecken und Kanten, sind sündige Menschen wie wir alle, und schon gar nicht perfekt. Und auch nicht immer und überall beliebt. Aber sie machen sich jeden Tag auf, barmherzig zu sein und gerecht, mit reinem Herzen und ohne Argwohn den Menschen zu begegnen. Und sie sind auf keinen Fall langweilig. Wie auch die Hl.Balthild, die morgen Namenstag hat, die keiner kennt aber ein filmreifes Leben geführt hat. Titel: Sklavin, Königin, Klosterfrau. Sie war eine junge Sklavin am fränkischen Königshof von Chlodwig II, der König hat sich in sie verliebt, sie geheiratet und sie hat die Sklaverei abgeschafft. Nach Chlodwigs Tod regierte sie weiter, schmiss nach Auseinandersetzungen mit einem Hausmeier den Laden hin und ging ins Kloster, nicht ohne vorher ihren jüngsten Sohn als Nachfolger eingesetzt zu haben. Noch eine ganze Reihe solch bunter Heiliger wurde letzte Woche gefeiert: Am Sonntag die ersten Jünger, darunter Jakobus und sein Bruder Johnnes, von Jesus mit dem Spitznamen ‚Donnersöhne’ belegt, weil sie so aufbrausend waren, Hitzköpfe eben. Aber gerade recht, um seine Botschaft weiter zu tragen. Am Montag Franz von Sales, der smarte Bischof von Genf, der sich in einem Vorwort einer seiner Schriften sinngemäss entschuldigt, dass er in seinem Alltag nicht immer alles so hinkriegt, wie er es als Ideal beschreibt. Aber er versucht es immer aufs Neue. Di und Mi die alten Haudegen Paulus, Timotheus und Titus, Donnerstag Angela Merici, Pädagogin, am Freitag Thomas von Aquin, der trotz seines beträchtlichen Leibesumfangs zu Fuss die Universität wechselte, von Köln nach Paris. Allesamt ein Bilderbuch der Bergpredigt. Und bei aller auch berechtigten Kritik an der kirchlichen Vergangenheit: Nicht die Sklaven- und Kriegstreiber wurden seliggesprochen, sondern Sklaven und friedfertige.
Na gut, die wenigsten von uns sind Bischof oder haben die Chance Papst zu werden. Aber: Nicht alle ‚Seligen’ sind seliggesprochen. Wobei man ’selig sind‘ auch mit ‚freuen dürfen‘ übersetzen kann. Wir haben die Chance jeden Tag neu anzufangen, umzukehren, mitzubauen am Reich Gottes, spätestens morgen, oder jetzt gleich.